Und wieder treiben die Aktienkurse der Technologieriesen die Börsen
Als nach dem „Liberation Day“ im April die Kurse der Technologiewerte einbrachen, fragten sich besorgte Beobachter, ob dies das Ende der Ära der Wachstumstitel einläuten würde. Zu Unrecht: Technologieaktien konnten seitdem starke Kurssteigerungen verzeichnen, in einzelnen Bereichen wie KI-Infrastruktur und Cloud-Software sogar teils deutlich über 50 %. Diese Kursrallye der großen US-Technologiekonzerne hat maßgeblich dazu beigetragen, die amerikanischen Leitindizes auf neue Rekordmarken zu heben. Damit ist jedoch auch ein anderes Phänomen aktueller denn je: Die wenigen Tech-Giganten vereinen inzwischen rund 40 % der Marktkapitalisierung des S&P 500 auf sich. Die gesamte Börsenentwicklung hängt damit nun stärker von ihnen ab als je zuvor. Und das dürfte sich so schnell nicht ändern.
Zwischenzeitliche Korrekturen bei den Tech-Werten werden von Investoren vielfach nicht als Gefahr gesehen, sondern als Einstiegschance. Beispielsweise hat ein 300 Milliarden-Deal mit dem Chat GPT-Konzern OpenAI die Aktie des Cloud-Anbieters Oracle auf einen Schlag um 40 % nach oben getrieben. Es locken also üppige Renditen, die Investoren nicht verpassen wollen. Zur Wahrheit gehört jedoch auch, dass die Kursentwicklung und die schiere Dimension von Deals wie OpenAI und Oracle noch keine Antwort auf die Frage geben, ob aus solchen Summen jemals ein tragfähiges Geschäftsmodell entsteht.
Neben Oracle profitieren auch Halbleiterhersteller und Cloud-Betreiber vom KI-Boom, wodurch die Wertschöpfungskette im Tech-Sektor immer enger verflochten wird. Gerade OpenAI nimmt dabei eine Schlüsselrolle ein: Mit Hunderten Millionen Nutzern, enormem Hardwarebedarf und der Basis für zahllose Anwendungen wirkt das Unternehmen als Knotenpunkt. Diese starke Abhängigkeit von einem einzelnen privaten Unternehmen stellt ein potenzielles Risiko dar, da dessen finanzielle Stabilität direkten Einfluss auf die gesamte Branche nehmen könnte.
So bleibt die Profitabilität die Achillesferse der Tech-Konzerne. Sie investieren zwar massiv, es gelingt ihnen jedoch noch nicht, die hohen Infrastruktur- und Energiekosten durch entsprechende Umsätze auszugleichen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Anwendungen rund um künstliche Intelligenz das zentrale Narrativ für Technologieunternehmen bleiben, auch wenn die Ertragsmodelle noch nicht ausgereift sind. Die Dominanz einiger weniger enorm energieintensiver sogenannter „Hyperscaler“ und KI-Plattformen erhöht die Systemrelevanz des Sektors – und gleichzeitig auch das systemimmanente Risiko: Eine Schwäche einzelner Player könnte sich auf den Gesamtmarkt übertragen.